Nun arbeite ich schon mehr als eine Woche daran, die Studie der RAND Corporation „Zur Vermeidung eines langen Krieges“ so aufzuarbeiten, dass sie kurz und verständlich ist und dennoch den Autoren einigermaßen gerecht bleibt. Die Interpretationen, die ich bislang gelesen und gehört habe, sind nicht falsch aber tendenziös. Also ein, zwei Tage brauche ich dafür noch, deshalb jetzt ein Lückenbüßer über Umfragen, der sich in der gestrigen ARD-Sendung „Hart aber fair“ aufdrängte.
Umfragen sind ja meistens interessant, man will ja schließlich wissen, was das Volk denkt, nicht immer reicht Bild dafür aus. Dennoch regen sie mich häufig wegen der merkwürdigen Fragestellungen auf. Ein gutes Beispiel war wieder die in der Sendung zitiert Umfrage. Leider wird die Frage nicht selbst zitiert, sondern man muss aus dem Ergebnis der Umfrage die Fragestellung erraten: „59% machen sich große oder sehr große Sorgen, dass Deutschland direkt in den Krieg hineingezogen werden könnte“. Also wird vermutlich eine Multiple-choice-Frage gestellt worden sein: „Wie groß sind ihre Sorgen, dass Deutschland … usw.“ Ohne die Fragestellung als solche zu hinterfragen, also ich tue so, als ob die Frage klar wäre und damit die Antwort auch klar wäre, komme ich zu dem Schluss, dass sich 41% der Menschen keine erheblichen Sorgen machen. Ich gehöre nicht dazu und ich hatte auch nicht den Eindruck, dass der anwesende Ex-General Domröse und die anderen Gäste dazu gehörten. Man sollte also eher eine Zahl in der Nähe von 100% erwarten. Aber irgendwie wurde mir in der Sendung suggeriert, das man sich darüber Sorgen machen sollte, dass das Volk sich Sorgen macht. Mich würde eher besorgen, wenn das Volk sich keine Sorgen machte. Dass man in der Sendung auch noch der wüsten Putin-Propaganda die Ehre gibt ein Sorgen belastetes Deutschland erzeugt zu haben, erscheint dann schon etwas lächerlich. Es ist tief in der europäischen DNA seit spätestens Fritz dem Alten verwurzelt, dass alle Alarmglocken schrillen,, wenn in Europa zwei Länder gegeneinander Krieg führen. Ich verstehe, dass die Atomdrohungen leicht aus große Sorgen sehr große Sorgen machen.
Zurück zu der Fragestellung, die ich gerne noch etwas genauer verstehen will. Diese Passivformulierung „hineingezogen wird“ irritiert mich sehr. Kein Akteur? Wer zieht wen, wie, wann, womit hinein? Jeder Befragte darf sich dann das ausdenken, was ihm passt und tut es auch. Zieht uns Putin rein, tun es dir immer tatverdächtigen Amerikaner, will unsere Regierung gerne hineingezogen werden oder lässt sich willig schubsen? Sind meine Sorgen schon auf morgen ausgerichtet oder befürchte ich es erst in Monaten oder Jahren? Sind es diese Waffenlieferung, die uns hineinziehen oder ist es die medizinische Unterstützung, die für die weitere Kampfbereitschaft der Ukraine sorgt? Jetzt muss ich Schluss machen, sonst komme ich in Teufels Küche. Der Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Ganz gewiss kommt bald die nächste Umfrage, die mich in Wallung versetzen wird.