Das Thema Taiwan wird immer brenzliger. Jetzt hat der chinesische Botschafter in Frankreich erklärt, die ehemaligen Sowjetrepubliken hätten gar nicht den Status souveräner Staaten, da es hierzu keine völkerrechtlich, international verbindlichen Vereinbarung gäbe («Im Völkerrecht haben selbst diese Länder der ehemaligen Sowjetunion keinen effektiven Status, weil es kein internationales Abkommen gibt, um ihren Status als souveränes Land zu konkretisieren.»). Das ist abwegig, aber ich lass das beiseite. Es interessiert der Zusammenhang zwischen dieser Äußerung und dem ständigen Zündeln an der sogenannten Taiwanfrage. Was weiß ich über Taiwan vs. China einfach so aus dem Hut, ohne nachzuschlagen; das mache ich dann hinterher.
Also Folgendes aus dem Gedächtnis: 1911 wurde das Kaiserreich gestürzt und eine bürgerliche Bewegung übernahm die Macht. Ich bin nicht sicher, ob es damals schon die Kuomintang unter Sun Yatsen war. Wann sich daraus die KP abspaltete bzw. ob diese sich selbstständig gegründet hat, kann ich nicht sagen. Relativ sicher bin ich, dass Kommunisten und Kuomintang gemeinsam gegen die Japaner kämpften und dass es dann nach 1945 zum Bruch und Bürgerkrieg kam, den die Kommunisten 1949 gewannen. Die Kuomintang setzte sich nach Taiwan ab und hat dort eine eigene Republik ausgerufen. Ab jetzt wird es für mich rätselhaft. Es stellt sich für mich so dar, dass die rechtmäßige Regierung eigentlich die Kuomintang war. Der Anspruch der Kommunisten auf ganz China wirkt deshalb recht fragwürdig. Es sieht eher umgekehrt aus. Aber warum hat faktisch kein Staat Taiwan als souveränen Staat anerkannt, auch die USA nicht? Die Ein-China-Politik wird anscheinend durchgängig akzeptiert. Das ist so etwas wie eine chinesische Hallstein-Doktrin mit dem Unterschied, dass die DDR von etlichen Staaten anerkannt war. So, jetzt ist Schluss mit dem Spekulieren und ich schaue nach bei Wikipedia, dem Born der Weisheit, und anderen Quellen. Noch eins: Warum diese freihändigen Überlegungen? Sie sollen deutlich machen mit welch unsicherem Hintergrundwissen ich – und da schließe ich viele andere ein – die täglichen Nachrichten, Kommentare, Talkshows konsumiere.
Ein paar Verbesserungen ergeben sich nach dem »Nachschlagen« für den oberen Text. Die Kuomintang ging aus der bürgerlichen Bewegung hervor, die KP war eine eigenständige Gründung, die etwas später erfolgte. Sie waren immer konkurrierend, kämpften gemeinsam gegen Japan aber gleichzeitig auch in bestimmten Gegenden gegeneinander. Den Anspruch auf Alleinvertretung Chinas erhoben nach 1949 beide Seiten. Einige westliche Länder – auch die USA – erkannten die Republik China (das ist Taiwan) an. Die Übermacht der Volksrepublik und ihr Status als Atommacht führten schließlich zur Anerkennung des Anspruchs der VR China auf Alleinvertretung in der UNO, auch durch die USA (neue Chinapolitik Nixons und Kissingers 1972/73). Die VR akzeptierte dagegen die besonderen Beziehungen der USA zu Taiwan. Von diesem Konsens scheint sich die VR immer mehr zu verabschieden. Die Entwicklung in Hongkong wird verständlicherweise als abschreckendes Beispiel für das chinesische Versprechen – ein Land, zwei Systeme – angesehen.
Tägliches
Damit der Zusammenhang mit dem täglichen Geschehen in einem Tagebuch nicht ganz verloren geht, werde ich ab jetzt diese abschließende Rubrik pflegen, die dann für mich wichtige Ereignisse der letzten Tage umfasst.
Nun hat sich die Berliner SPD doch für Schwarz-Rot entschieden. Ich hatte gehofft, die Mitglieder folgen meiner Auffassung, dennoch hoffe ich natürlich, dass die Koalition erfolgreich sein wird. Besonders wünsche ich mir, dass sie geräuschfreier arbeitet als die alte, und dass sie arbeitet. Die Senatszusammensetzung scheint sehr interessant zu sein: 7 Frauen, 3 Männer + Bürgermeister und alle CDU-Vertreter sind verwaltungstechnische Anfänger.
Vielleicht ein wichtigere Nachricht als man im Augenblick denkt: der propagandistische Hauptunterstützer von Trump und Hetzer gegen die Demokraten im berühmt berüchtigten Sender Fox News Tucker Carlson ist gefeuert worden.