Tagebuch

für mich und wenige andere

Trump da, Ampel weg

Eigentlich wollte ich ja hier nur etwas reinschreiben, wenn ich meine, etwas zu sagen zu haben. Heute bin ich eigentlich sprachlos, denn seit dem Mauerfall hat es so etwas in dieser Kompaktheit nicht gegeben. Dann erfahren wir in aller früh, dass Trump seine Wahl schon sicher in der Tasche hat und – man könnte sagen – fast zur gleichen Zeit, denn nur wenigen Stunden später, löst Olaf Scholz die Ampel auf. Hat das eine was mit dem anderen zu tun. Ich weiß es nicht. Aber einen solchen Tag kann ich nicht unkommentiert verstreichen lassen und und wenn auch meine unausgegorenen Überlegungen nur dazu da sind, diese Lücke zu füllen, damit dieser Tag oder besser diese beiden Tage nicht vergessen werden

Mit der Wahl von Trump habe ich gerechnet, denn an die Wahl von Harris konnte ich nicht glauben, obwohl ich mich bis zum letzten Tag an der Prognose von Allen Lichtman festgeklammert habe. Ich denke, er hat mit seinen 13 Keys durchaus einen guten Ansatz (er lag schließlich bei den letzten zehn Wahlen richtig), aber ich glaube dass er die wirtschaftliche Situation falsch interpretiert hat. Er hat die Wirtschaft sowohl kurzfristig als auch langfristig als gut eingeschätzt, was sie wohl objektiv auch ist, aber die Amerikaner scheinen überwiegend die Lage als schlecht empfunden zu haben, weil sie sich erinnerten, obwohl sie notorisch ein schlechtes Gedächtnis haben, das die Lage am Ende der ersten Trumpzeit besser gewesen wäre. Zum Schluss entscheidet nicht die objektive Lage der Wirtschaft sondern das subjektive Empfinden der Wähler, wie sie die Wirtschaft sieht. Das ist meine Schlussfolgerung aus der Fehleinschätzung von Lichtman. Vielleicht kommt er zu dem gleichen Schluss.

Hat es nun einen Sinn über die Wahl von Trump zu lamentieren, ich denke nicht. Vor dem Rückritt von Biden hatte ich mich schon damit abgefunden, dass Trump gewählt werden wird und versucht die möglichen positiven Aspekte zu sehen. Die Nachteile der Biden-Administration ist ja aus deutscher und vor allem ukrainischer Sicht, dass sie keine klare Kante gegenüber Russland gezeigt hat, sondern durch relativ klare Äußerungen, sich militärisch nicht einzumischen, Putin zu diesem Überfall letztlich ermutigt hat. Trump, mit seiner Behauptung er hätte den Krieg verhindern können, lag vielleicht gar nicht so falsch, denn er verbreitet den Eindruck, unberechenbar zu sein, und dies wäre in diesem Fall das bessere da nicht kalkulierbare Gegenüber von Putin gewesen. Putin konnte fast nicht annehmen, dass die USA die Ukraine so stark militärtechnisch unterstützen wird, da Biden deutlich gemacht hat, dass er mit Truppen nicht einsteigen wird. Wie würde jetzt vielleicht Trump Vorgehen mit seinem 24 Stunden Programm. Das wird mit Sicherheit nicht klappen, denn die totale Kapitulation der Ukraine wird er nicht verlangen können, dazu hätte er zu viele innerparteilliche Gegner. Amerikas Glaubwürdigkeit wäre mit einem Schlage zerstört, die NATO tatsächlich obsolet und würde sich auflösen. Wenige Tage später würde der Zerfall der EU einsetzen und Europa wäre wieder in der grausigen Situation wie in den Jahrhunderten vor dem Ende des 2. Weltkriegs. Die Kapitulation gegenüber den Taliban hat Trump sich leisten können (Biden hat sie letztlich nur ausgeführt, aber hätte sie ebenso gut stoppen können, was man ihm durchaus vorwerfen kann), aber mit dem großen Konkurrenten Russland gegenüber als Atommacht wäre das eine völlig andere Nummer. Es wird also, so sehe ich das jedenfalls, nicht zu einer Kapitulation kommen sondern vermutlich doch zu zähen Verhandlung oder möglicherweise zu gar keinen Verhandlung, da Trump (das ist die Meinung von Freund Philipp) vermutlich zutiefst beleidigt reagieren wird, wenn ihn sein Freund Putin bei seinen glorreichen Friedensbemühungen im Stich lässt. In diesem Fall kann durchaus passieren, dass Trump die Ukraine mit Waffen zuschüttet und natürlich die Europäer, insbesondere Deutschland, auffordert das gleiche zu tun. Ob daraus eine Dynamik zum Weltkrieg (und das wäre tatsächlich der letzte Krieg) kommt, darf man natürlich nie völlig außer acht lassen, halte es jedoch für sehr, sehr unwahrscheinlich. Putin wird den Schwanz einklemmen und eine Story erfinden, dass er doch gewonnen hat, also irgendetwas wird man ihm zum Fraße vorwerfen müssen. Natürlich ist für die Europäer Trumps Haltung zum Ukraine-Krieg nicht das einzige Problem, viel mehr schauen Sie auf die wirtschaftlichen Verwerfungen, die Trump insbesondere durch Zölle in Europa verursachen kann. Das muss ich aber mal hier beiseite lassen, letztlich sind das lösbare Probleme.

Das Ampel-aus fast zum gleichen Zeitpunkt wie der Sieg von Trump mag Zufall sein, aber ich will es als einen glücklichen Zufall betrachten, denn diese Regierung gegenüber einem Präsidenten Trump halte ich für keine glückliche Konstellation. Ich habe dieses Aus erwartet und letztlich freut es mich, denn eine Regierung, die zwar gesellschaftspolitisch einiges zustande gebracht hat und uns auch die letzten Jahre unverhofft warme Stuben beschert hat, ist durch ihre Art des Regierens dennoch weit hinter ihrem Anspruch „mehr Zukunft wagen“ zurückgeblieben.

Aber auch wenn man konzediert, dass die weltpolitische Lage es nicht zulässt, mehr Zukunft zu wagen, hierzu braucht man letztlich Geld, dass man nun für andere Zwecke einsetzen müsste, bleibt für mich die außenpolitische, die zunehmende außenpolitische Verzagtheit und damit zusammenhängend die Verzagtheit, nein man muss schon sagen, die Feigheit gegenüber der AFD und nun auch gegenüber dem BSW der eigentliche Knackpunkt, zu dem ich sage, sie muss nicht unbedingt weiter regieren. Es wäre ein Jahr der Agonie.

wird noch fortgesetzt